3.7 Lineare Gleichungssysteme (LGS)
1. Matrix-Schreibweise von LGS
Ein lineares Gleichungssystem (LGS) in kompakter Matrixform lautet:
wobei
eine -Matrix über dem Körper ist, ein Spaltenvektor mit Unbekannten, ein Spaltenvektor mit Komponenten (den sogenannten rechten Seiten).
1.1 Homogenes vs. Inhomogenes System
- Homogen: Falls
, d. h. der Nullvektor im (bzw. ), spricht man von einem homogenen LGS. - Inhomogen: Falls
, nennt man das LGS inhomogen.
2. Lösbarkeit
Für ein LGS
- Keine Lösung (unlösbar): Es gibt kein
, das die Gleichung erfüllt. - Genau eine Lösung (eindeutig lösbar): Es gibt exakt ein
. - Unendlich viele Lösungen: Es gibt mehrere
-Vektoren, welche die Gleichung erfüllen (z. B. beim homogenen System mit Rang kleiner als Anzahl Unbekannten).
Ob das System lösbar, eindeutig lösbar oder unlösbar ist, hängt von den Eigenschaften der Matrix
3. Elementare Zeilenumformungen
Um ein LGS systematisch zu lösen, überführt man es in eine einfachere Form. Dazu verwendet man elementare Zeilenumformungen an der erweiterten Matrix
- Vertauschen zweier Zeilen.
- Multiplikation einer Zeile mit einem von 0 verschiedenen Skalar.
- Addition eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile.
4. Gauß-Algorithmus
Der Gauß-Algorithmus (auch Gaußsches Eliminationsverfahren) ist das klassische Verfahren, um lineare Gleichungssysteme zu lösen. Man wendet wiederholt die drei elementaren Zeilenumformungen an, bis die erweiterte Matrix eine Form erreicht, bei der man die Lösung direkt ablesen kann (z. B. Zeilenstufenform).
4.1 Beispiel: LGS in Matrixform
Betrachte etwa das inhomogene System
- Matrixschreibweise:
, , d. h.
- Erweiterte Matrix:
- Gauß-Algorithmus: Durch geeignete Zeilenumformungen (Vertauschen, Multiplizieren, Addieren) bringt man die Matrix in Zeilenstufenform oder (noch weiter) in reduzierte Zeilenstufenform. Anschließend liest man die Lösung ab.
4.2 Beispiel: Nicht-quadratische Matrix
Auch Rechtecksysteme (
kann das System entweder unendlich viele Lösungen (falls
4.3 Beispiele mit Fallunterscheidung
- Fall 1:
eindeutig lösbar - Fall 2:
unendlich viele Lösungen - Fall 3:
keine Lösung
5. Gauß-Algorithmus zur Inversenberechnung
Nicht nur Gleichungssysteme, sondern auch inverse Matrizen lassen sich mit demselben Verfahren berechnen:
- Man betrachtet die Blockmatrix
, wobei die Einheitsmatrix gleicher Dimension ist. - Mit Zeilenumformungen versucht man, links die Einheitsmatrix zu erzeugen.
- Was dabei auf der rechten Seite entsteht, ist
, falls invertierbar ist.
Beispiel:
6. Anwendung: Bestimmung linearer (Un-)Abhängigkeit
Du kannst den Gauß-Algorithmus auch verwenden, um die lineare (Un-)Abhängigkeit einer Menge von Vektoren zu überprüfen:
- Stehen Vektoren in
gegeben, fügt man sie als Spalten in eine Matrix ein. - Anschließend bringt man
(oder ) in Zeilenstufenform. - Wenn eine Spalte als Pivotsäule endet, ist der zugehörige Vektor nicht als Linearkombination der anderen darstellbar.
- Man erkennt sofort, wie viele Vektoren linear unabhängig sind, oder ob welche „redundant“ sind.